Das Bentheimer Landschaf

Charakteristik

Das Bentheimer Landschaf ist das großrahmigste deutsche Moor- und Heideschaf. Die Muttertiere wiegen bei einer Widerristhöhe von 65-70 cm etwa 60 kg, die Böcke sind  knapp 5 cm größer und wiegen 80-90 kg. Altböcke können auch bis zu 120 kg auf die Waage bringen. Seit einigen Jahren werden die Tiere größer und schwerer, da die Futtergrundlage besser geworden ist.

 

Die Farbe ihrer Wolle ist reinweiß, besonders auffallend und charakteristisch für jedes einzelne Tier sind die dunkleren Partien um die Augen, die Ohren und an den Beinen. Der Kopf ist recht schmal und lang, die Nase leicht geramst, der teilweise bodenlange Schwanz ist bewollt und sehr beweglich. Die Tiere sind eigentlich hornlos, obwohl es durch Ein­kreuzungen auch Hornansätze geben kann. Die Bentheimer sind sehr langbeinig und weisen darüber hinaus eine lange Mittelhand auf.


Besondere Eigenschaften und Leistungen

Das Bentheimer Landschaf zeichnet sich durch beste Mutter­eigenschaften und hervorragende Säugeleistungen aus. Das Ablammergebnis liegt bei 130-150%. Außerdem hat es eine hervorragende Fleischqualität. Die Jahreswollmenge beträgt bei Böcken immerhin 4-5 kg (selten auch bis zu 7 kg) mit einem Feinwollanteil, der dem Merinolandschaf sehr ähnlich ist. Die Mutterschafe haben eine Wollmenge von ca. 4 kg, je nach Alter.


Weitere Besonderheiten

Das Bentheimer Landschaf zeigt eine gute Marschfähigkeit durch harte, moderhinkefeste Klauen; daher hat es eine gute Eignung zur Hütehaltung in Moor- und Heidegebieten, wo es auch sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet hat.


Verbreitungsgebiet
Das Hauptverbreitungsgebiet liegt nach wie vor im westlichen Niedersachsen und im Rheinland, aber auch in sehr vielen anderen Bundesländern leben mittlerweile einige Bentheimer. Herdbuchzuchtbetriebe finden sich in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland, Bayern und Brandenburg.


Herkunft und Geschichte

Das Bentheimer Landschaf ist eine der jüngeren alten Schafrassen in Deutschland. Gleichwohl hat es eine sehr bewegte Geschichte, die auch leider durch die aktuellen Seuchenentwicklungen und züchterischen Vorgaben der EU-Gesetzgeber noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

 

Erstmals wurde im Jahre 1868 ein Schaf in  der Literatur erwähnt, dessen Beschreibung mit dem heutigen Bentheimer Landschaf nahe Verwandschaft zeigt. Ein "Bentheimer Schaf" kennt man dem Namen nach aber erst seit 1918. Allerdings handelte es sich noch nicht um eine klar abgrenzbare eigenständige Rasse.

 

In den folgenden Jahrzehnten kreuzten die Schäfer holländische Drenthe Heideschafe in die heimischen Moor- und Heideschafe ein. Vornehmlich kamen Schoonebeeker Schafe zum Einsatz und das Bentheimer Landschaf entstand. Seit 1934 wurde es züchterisch bearbeitet; bis Mitte der 50er Jahre wuchs die Zahl der Gebrauchstiere auf mehrere zehntausend Tiere. Sie beweideten zum Beispiel die riesigen Kruppschen Güter des Emslandes.


Bestandsentwicklung

Nach einem Bestand von ca. 15 000 Tieren Ende der 40er Jahre gab es zwischenzeitlich nur noch 4 Betriebe, die Bentheimer Landschafe züchteten. Wegen der Intensivierung der Landwirtschaft und fehlender Wirtschaftlichkeit gerieten sie in Vergessenheit: In den 70er Jahren gab es zeitweise nur noch 50 Zuchttiere. Vor allem seit Beginn der 90er Jahre geht es mit den Bentheimer Landschafen aber wieder bergauf, Züchter und Naturschützer haben den Wert der genügsamen und robusten Landschaftspfleger wiederentdeckt. Heute gibt es über 2700 Herdbuchzuchttiere - 2649 Mutterschafe und 126 Böcke (Stand GEH-Statistik 2013), wobei sich der Schwer­punkt nach wie vor im Stammzuchtgebiet (Grafschaft Bentheim und Emsland) befindet. Hinzu kommen zahlreiche Gebrauchstiere, so sind ca. 1 500-2 000 Bentheimer in anderen Zuchtherden zu finden, wobei sich einige sehr große Bestände in Brandenburg befinden.


Das ist zwar bereits ein ganz entscheidender Fortschritt, aber das Bentheimer Landschaf ist trotzdem noch immer in seinem Bestand gefährdet. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen gilt weltweit die Zahl von 7500 Zuchttieren als Wert, ab dem eine Haustierrasse nicht mehr gefährdet ist. Zum anderen hat eine Studie des Saarländers Dr. Henrik Wagner ergeben, dass die genetische Variabilität der Bentheimer ausgesprochen klein ist. Das bedeutet, dass sich die 2200 vorhandenen Tiere sehr ähneln. Fachleute sprechen hier von einem genetischen Flaschenhals, durch den diese Rasse gegangen ist. Zur Erklärung: Einst gab es zehntausende Tiere, dann nur noch rund 50, jetzt wieder einige Tausend. Die heutige Population stammt deshalb weitgehend von den nur 50 Tieren der 70er Jahre ab. Dass sie sich genetisch ähneln, ist also nach­vollziehbar.


Die besondere Gefahr für die Bentheimer liegt nach Auffassung Wagners vor allem in dem Bestreben, Tiere zu züchten, die genetisch gegen Scrapie und BSE resistent sind. Es geht vor allem darum, eine theoretisch mögliche BSE-Erkrankung eines Schafes, die von Scrapie nicht zu unter­scheiden ist, zu verhindern. Ziel der EU ist deshalb, auf Dauer nur noch resistente Tiere zur Zucht zuzulassen und hat eine Vorschrift zur TSE-Resistenzzucht für alle europäischen Schaf- und Ziegenrassen erlassen. Für die Bentheimer ist das fatal: Weniger als zehn Prozent aller bisher untersuchten Tiere weisen die passende genetische Ausstattung auf (G1 ARR/ARR). Wenn jetzt also die Zucht nur noch auf diese wenigen Tiere setzt, gehen zwangsläufig wertvolle Eigen­schaften der anderen Tiere verloren.

 

Da es auf Grund der geringen Bestandszahlen nur noch 4 Blutlinien gab, wurden vor wenigen Jahren Böcke der französischen Rasse 'Causses du Lot' importiert. Von diesen Böcken kam aber nur der Bock 'Didier' in größerem Umfang zum Deckeinsatz. Er konnte u.a. eine Zunahme der Bemuskelung herbeiführen. Nach Schätzungen haben heute ungefähr 10% der Bentheimer Landschafe französische Blutanteile.

 

Durch die beiden verheerenden Seuchenzüge der Blauzungenkrankheit und des Schmallenberg-Virus in den letzten Jahren wurde das Bentheimer Landschaf erneut schwer getroffen. So sind in einzelnen wichtigen Zuchtbetrieben teilweise 30% der wertvollen Herdbuchtiere verstorben und vermindern damit den ohnehin engen Genpool noch weiter. Ob diese Verluste ausgeglichen werden können, muss die Zukunft zeigen.

 

Der Landesschafzuchtverband Weser-Ems organisiert jedes Jahr eine Absatzveranstaltung für Bentheimer Böcke, die jeweils am letzten Samstag im Juli in Uelsen stattfindet.

 

Auch bei der Bundesschau der Landschafe, die im vierjährigen Rhythmus auf der Grünen Woche in Berlin stattfindet, lassen die Züchter ihre besten Tiere auftreten, um für ihre Rasse zu werben. Mittlerweile dürfen Landschafe auch an der größten Bockauktion auf dem europäischen Kontinent in Husum teilnehmen, so dass auch hier Böcke des Bentheimer Land­schafes aufgetrieben werden.

 

Bedacht werden sollte, dass durch die Koppelhaltung die eigentlichen Eigenschaften dieser Schafrasse nicht zu sehr ins Hintertreffen geraten. Leichte Geburten, gute Mutter­eigen­schaften, Genügsamkeit, ausgeprägter Herden­trieb, harte Klauen und eine sehr gute Fleischqualität gilt es zu erhalten. Auch hier sollte Qualität vor Quantität stehen.

 

Gefährdungsgrad
Kategorie III (gefährdet) laut der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH). Die Gefährdungskennzahl für das Bentheimer Landschaf lautet 1008 (GKZ der GEH).